Achtsamkeit 2

Wir telefonieren, während wir essen. Wir übergehen die leichte Anspannung im Nacken, bis die Muskeln hart geworden sind. Wir verzehren uns in Klagen über die Vergangenheit und in Sorgen über die Zukunft, statt uns dem zu widmen, was wir gerade tun. Wir leben in einer „Alltagstrance“. Viele Menschen sind wie von einem Autopiloten gesteuert und steuern nicht selbst. Gefördert wird dieses entfremdete Leben von einer Kultur, die durch ihr Reizbombardement Menschen aus dem Lot bringt und diejenigen als tüchtig ansieht, die tausend Dinge gleichzeitig tun können. Das Gegengift gegen die Unaufmerksamkeit heißt Achtsamkeit.
Bei der Achtsamkeit geht es darum, die Arbeitsweise des eigenen Bewusstseins kennenzulernen. Dazu müssen wir üben, uns selbst distanziert zu beobachten. Gedanken und Gefühle werden dabei zu Objekten: Wir nehmen sozusagen eine höhere Warte ein und erkennen beispielsweise ihre Vergänglichkeit und Flüchtigkeit. Und deshalb verlieren sie allmählich die Macht, uns buchstäblich zu ergreifen, aufzuregen oder zu ängstigen.

Akzeptanz bedeutet, das, was wir gerade erleben, nicht sofort einzuordnen und zu bewerten, sondern nichts zu tun, nicht zu reagieren. Indem wir auch die eigenen Gefühlsreaktionen akzeptieren, wie sie im Augenblick sind, wird die Realität zum Stoff, aus dem man etwas erfahren und lernen kann. Gerade weil man nicht unablässig damit beschäftigt ist, sie sich zurechtzubiegen und gefügig zu machen, wird man realitätstüchtig.

Achtsamkeit ist im Grunde eine Meditation von Augenblick zu Augenblick – die Fähigkeit, das eigene Dasein zu begreifen, indem man ganz da ist. Diese Haltung ist der christlichen contemplatio nicht unähnlich. Wie diese erfordert auch die Achtsamkeit Übung und Überwindung, denn sie bedeutet, gerade in den kleinen Dingen des Alltags präsent und wach zu sein – das, was man tut, konzentriert und ausschließlich, ja geradezu andächtig zu tun. Multitasking und Zeitmanagement sind das krasse Gegenteil …

Ich wünsche Euch einen achtsamen Freitag :-)

Carpe diem…

Quelle:Psychologie heute

2 thoughts on “Achtsamkeit

  1. Reply Elfe Jul 11,2008

    Danke Dir. Sehr schön erklärt. Ein erholsames und achtsames Wochenende!
    Lieben Gruss von Elfe

  2. Reply Roland Kopp-Wichmann Jul 13,2008

    Hallo,
    schöner Artikel zum Thema „Achtsamkeit“. Zum selben Thema habe ich gerade einen längeren Blog-Beitrag geschrieben. Hier geht es vor allem um die Anwendung der Achtsamkeit, um den inneren „Autopiloten“ vorübergehend auszuschalten und so den selbstgemachten Stress zu erkennen und abzubauen.
    Vielleicht interessiert es Sie ja.

Leave a Reply to Roland Kopp-Wichmann Cancel Reply