Die schillerndsten Medikamente haben eine Janusköpfigkeit. Auf der einen Seite heilen sie Krankheiten. Auf der andern Seite werden sie geschluckt, um die Grenzen des Ichs zu sprengen oder den Lifestyle zu verbessern, das heisst, je nach Perspektive: Sie werden als Droge missbraucht.
Modafinil hilft ursprünglich Menschen, die an der Endstation landen, weil sie im Zug einschlafen. Narkolepsie heisst das neurologische Leiden, bei dem man den Schlaf-Wach-Rhythmus nicht mehr kontrollieren kann und einfach wegkippt. Modafinil, hergestellt von der amerikanischen Pharmafirma Cephalon, kam 1998 unter dem Namen Provigil auf den Markt. In der Schweiz heisst das Medikament Modasonil und ist seit 2000 erhältlich.
Modafinil führt eine zweite Existenz im Untergrund, als Muntermacher für chronisch Schlafberaubte. Menschen, die müde sind und doch leisten wollen, haben es für sich entdeckt. Eben noch in Tokio, bereits wieder am Vortragspult an der Uni. Eben noch an einer Herzoperation, bereits wieder am Händedesinfizieren für die nächste OP. Piloten der Air Force standen bei ihren Kampfeinsätzen im Irak unter Modafinil. Als sogenannte Go-Pill offiziell verschrieben, hält es Soldaten bis zu vierzig Stunden wach.
Das Medikament reiht sich in die Klasse der Smart Drugs oder Neuroenhancers ein, da es angeblich die Hirnleistung verbessert. Gesunde Konsumenten berichten, dass sie sich dank Modafinil besser konzentrieren können und aufmerksamer sind.
Déjà -vu? Richtig. Auch Ritalin, das hyperaktive Kinder ruhiger macht, hilft trägen Studenten-hirnen auf die Sprünge. Doch hört man sich in Kennerkreisen um, kann man Ritalin getrost vergessen. Modafinil ist «Gegenwart» — und das buchstäblich. Während Ritalin einen zwar auch voll und ganz ins Jetzt versetzt, ohne dass man ständig gähnt und abschweift, kann die Landung nach nachlassender Wirkung ruppig sein. Modafinil hingegen wird als smart und elegant bezeichnet.
Der Wirkstoff gehört im weiteren Sinn zur Gruppe der Psychostimulantien. Er unterscheidet sich von Ritalin oder andern wach machenden Substanzen wie Amphetamin oder Koffein darin, dass er nicht aufputscht. Er euphorisiert nicht, Herzrasen und zitternde Hände bleiben aus, entsprechend unbemerkt gleitet man wieder in den nüchternen Zustand über. Nimmt man die Pille à 100 oder 200 Milligramm nicht zu spät, soll man auch gut schlafen und fühlt sich anderntags frisch und ausgeruht. Weil es einem kein High beschert, fehlt Modafinil das Zeug zur Strassendroge. Zudem hat das rezeptpflichtige Medikament seinen Preis: Eine Packung à dreissig Pillen kostet 125.30 Franken.
Der stetig wachsende Umsatz mit Modafinil lag letztes Jahr bei 880 Millionen Dollar. Das sind über siebzig Prozent mehr als 2005. Heute wird das Medikament auch therapeutisch bei Krankheiten eingesetzt, die grosse Erschöpfung und Müdigkeit mit sich bringen. So verbessert Modafinil die Lebensqualität von Patienten mit Multipler Sklerose und Krebs. Auch in der Schweiz dürfte der Wachmacher «off-label» verschrieben werden: das heisst, für Indikationen, für die er nicht zugelassen ist. Viele gesunde Konsumenten beziehen die Pillen über das Internet.
Wegen des Missbrauchpotenzials als Hirnbooster, Partydroge oder Dopingmittel hat die europäische Arzneimittelbehörde EMEA diesen Juli empfohlen, nur noch Narkoleptiker mit Modafinil zu behandeln. Denn trotz seiner «Smartness» kann der Wachmacher Nebenwirkungen haben. Fährt es schlecht ein, sind Kopfschmerzen und Nervosität die Folge, es ist einem schwindlig, man ist verstopft. Der Beipackzettel beschert einem womöglich ganz unfreiwillig schlaflose Nächte. Von allerlei Psychosen, Allergien und Suizidgedanken als unerwünschter Reaktion ist da die Rede.
Am wichtigsten dürfte auch bei diesem Medikament sein: die richtige Dosis Eigenverantwortung.
Via Tagi Magi
na das soll „essen“ wers will… ich würde weder das eine, noch das andere wollen!!! ich finde solche Berichte sehr heikel… viele Menschen lassen sich von den sog. positiven Wirkungen täuschen und die Nebenwirkungen, sprechen da eine ganz andere Sprache… klingen ja echt „horrormässig“ … neee… wär niemals etwas für mich.
Liebe Grüsse Bigi