Danke Marie-Claire….es ist wundervoll!
Als die Erde noch jung war
waren wir bereits alt,
wissende Wesen
von fremder Gestalt –
waren wir Götter oder Dämonen?
Nur zeitlose Geschöpfe
aus vegang’nen Äonen…
Das Rad uns’rer Leben
hat tausendfach sich gedreht;
gleich den Spinnenweben,
die der Nachtwind verweht,
geboren, gelebt, getrauert, gelacht,
gestorben, zurückgekehrt, wiedererwacht;
Samurai, Priesterin, uralte Frau,
jung und schön oder gebeugt und grau…
Weißt du noch, Bruder, wie wir beide uns schworen:
nur gemeinsam werden wir wiedergeboren –
in einer Höhle am Feuer, in Felle gehüllt?
Bedenk‘, was Du wünscht, denn es wird dir erfüllt!
Tanz‘ mit dem Schwert, Mutter, kämpfe nicht,
denn die Klinge spiegelt der Seele Gesicht.
Dreh‘ dich um und sieh‘ hinter dir
Schatten auf japanischem Reispapier.
Weißt du noch, Schwester, wie wir beide rannten,
an jenem Abend, an dem unsere Tempel brannten –
in uns’ren Haaren sprühten knisternde Funken.
In jener Nacht, Schwester, ist Atlantis versunken.
Malta, Geliebte, spürst du, wie fern wir sind
vom Mutterhaus, wo Milch und Honig fließen?
Wo mit heiligen Schlangen ich spielte als Kind,
bevor die Reiter kamen mit Blutvergießen…
Im Labyrinth auf der Insel warst du der Stier,
mein Vater, letzter Sohn der minoischen Welt.
Den Vulkanausbruch prophezeite ich dir,
gemeinsam haben wir den Freitod gewählt.
Vergiß nicht, Geliebter, des Merlin Kunde:
wir lebten die Legende der Tafelrunde,
ich, die Herrin vom See, gab Excalibur
in deine Hand, und du tatest den Schwur:
der König sei eins mit dem Land!
Doch lang‘ verweht sind uns’re Spuren im Sand…
Meine Tochter, geboren in dunkelster Zeit,
früh wurden wir wieder getrennt.
Die Inquisition kannte keine Barmherzigkeit,
nur ein Feuer, das gnadenlos brennt.
Die Zeit ist vergangen für die, die sie messen.
Und doch – wir haben nie wirklich vergessen:
Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart
sind drei Gewänder der Göttin von gleicher Art.
Wieder sitzen wir im Kreis und halten die Hände,
es gibt keinen Anfang – und auch kein Ende.
Wildis Xori (Johanna)