Kopf oder Bauch? 2

Ich bin eine extreme Bauch Menschin. Natürlich ist das so wenig gut wie es gut ist alles immer nur mit dem Verstand zu lösen.

Der österreichische Satiriker Karl Kraus riet einst: „In zweifelhaften Fällen entscheide man sich für das Richtige.“ Etwa ein Jahrhundert später brachte die Hamburger Hip-Hop-Band Fettes Brot die missliche Lage in einem Song auf den Punkt – und plädierte für ein wohlüberlegtes „Ja, äh Nein, ich mein Jein!“. Eine Prise Humor mag manchmal tatsächlich helfen, eine festgefahrene Situation etwas aufzulockern. Doch wenn es um wichtige Weichenstellungen in unserem Leben geht, helfen derlei Ratschläge auch nicht weiter. Soll ich mein Studium beenden oder doch noch die Fachrichtung wechseln? Endlich den Sprung in die Selbstständigkeit wagen oder die feste Stelle behalten? Mich endgültig trennen oder der Beziehung eine weitere Chance geben? Manche Menschen zögern, hadern, quälen sich durch schlaflose Nächte – und schieben Entscheidungen möglichst so lange auf, bis der Lauf der Dinge uns die Wahl schon abgenommen hat. Am anderen Ende des Spektrums tummeln sich hingegen jene, die jeder Entscheidung voller Wagemut und Zuversicht entgegenpreschen – und damit auch noch erfolgreich sind. Wieso ist unsere Fähigkeit, einen Entschluss zu fassen, eigentlich so unterschiedlich ausgeprägt?

Was wir gemeinhin als Bauchgefühl, Unterbewusstsein oder auch Intuition bezeichnen, lokalisieren Hirnforscher im emotionalen Erfahrungsgedächtnis.
Jedes Ereignis in unserem Leben haben wir einmal als angenehm oder unangenehm bewertet und zusammen mit dem entsprechenden Gefühl abgespeichert.
Steht eine Entscheidung an, erzeugt das Gehirn ganz automatisch Bilder von möglichen Zukunftsszenarien, die wie kurze Filme vor unserem inneren Auge ablaufen.“ Diese Filme werden dann mit ähnlichen Situationen aus unserem individuellen Erfahrungspool verglichen – ein Prozess, der in kürzester Zeit und meist völlig unbewusst abläuft . „Findet sich ein ähnliches Szenario, wird automatisch die damals damit verbundene Bewertung wachgerufen – und zeigt sich zum Beispiel in Form eines Kribbelns im Magen, eines Kloßes im Hals oder auch eines befreiten Gefühls in der Brust.“ Der amerikanische Hirnforscher Antonio Damasio gab diesen Signalen den Namen „somatische Marker“ – und wies in mehreren Studien nach, dass sie ein wichtiger Bestandteil guter Entscheidungen sind. „Vom heutigen Stand der Forschung aus lässt sich klar schlussfolgern: Kluge Entscheidungen treffen Menschen dann, wenn sie sowohl den Verstand als auch ihre Emotionen berücksichtigen und je nach Situation optimal miteinander in Einklang bringen“, fasst Storch zusammen.

Und was läuft falsch bei chronischer Unentschlossenheit oder der Tendenz zu unbefriedigenden Entschlüssen? „Das haben wir davon, wenn wir unsere Emotionen nicht zu Wort kommen lassen“, sagt Storch. Wenn wir statt auf unsere Gefühle zu achten ausschließlich den Verstand bemühen. Derartig „Verkopfte“ verheddern sich meist im Abwägen unzähliger Vor- und Nachteile, Argumente und Gegenargumente – und machen sich damit selbst entscheidungsunfähig. Während diese Menschen noch grübeln, müssen sie feststellen, dass der Job einem anderen angeboten wurde oder der Partner lieber eigene Wege geht – weil man sich nie entschließen konnte, ihn zu heiraten.

Typische Entscheidungsfehler

1. Entweder-oder-Denken

Dabei fühlt man sich wie an einer Weggabelung: entweder rechts oder links, ja oder nein, dafür oder dagegen. Tatsächlich gibt es in den meisten Fällen weitere Alternativen. Nicht nur was die Lösungswege angeht, sondern sogar was die Entscheidungssituation insgesamt betrifft.

2. Es geht um „Leben und Tod“

Die Bedeutung wird unverhältnismäßig aufgebläht. Man erschwert sich die Entscheidung, indem man sein Lebensglück davon abhängig macht. Beispielsweise bei einem Umzug in eine andere Stadt: Was ist, wenn ich mein ganzes Leben lang unglücklich bin, weil ich mich für Hamburg entschieden habe.

3. Motivation: Flucht

Statt sich auf etwas hinzubewegen – und zuvor genau auszuloten, wohin-, ist der Antrieb da, so schnell wie möglich von etwas wegzukommen. Damit erweist man sich einen Bärendienst: Man läuft Gefahr, das Problem in eine neue Situation mitzunehmen. Und oft gibt es andere Möglichkeiten, die ungeliebte Situation zu lösen.

4. Falsche Baustelle

Die Entscheidung, mit der man sich herumschlägt, ist nicht die, um die es eigentlich geht, sondern betrifft ein Nebenthema. Beispiel: Jemand ist unglücklich mit seinem Leben und kommt auf die Idee, sich beruflich neu zu orientieren. Dabei wurzelt die Unzufriedenheit nicht im Beruf, sondern im Privatleben.

5. Sich selbst unter Druck setzen

Alle wissen, was sie wollen, nur ich nicht! In meinem Alter sollte man eigentlich in der Lage sein, eine Entscheidung zu treffen! Ständig schiebe ich alles vor mir her und komme nie zu Potte! Eine so ungnädige Haltung zu sich selbst ist nicht nur unfair, sondern bringt sie keinen Schritt weiter. Im Gegenteil.

6. Hadern

Sowohl mit der aktuellen Situation als auch mit früheren Weichenstellungen und Entscheidungen zu hadern, blockiert unnötig. Die Vergangenheit ist abgeschlossen. Sie haben sich jeweils für de Weg entschieden, der Ihnen damals sinnvoll erschien. Und in die Zukunft kann niemand schauen.

7. Die Nebelbombe

Die Nebelbombe betrifft meist einen Teilaspekt der Situation oder ein „verwandtes“ Terrain. Mal handelt es sich um eine relevante Sache, mal nur um ein Ablenkungsmanöver, etwa, wenn man vor etwas Angst hat oder eine Ausrede sucht. Beispiel: Ihr Partner hat Ihnen einen Heiratsnatrag gemaacht. Anstatt sich mit dieser konkreten Frage auseinanderzusetzen, flüchten Sie sich in Philosophien darüber, ob Sie überhaupt beziehungsfähig sind.

Quelle:Buch von Gitte Härter: „Ja, Nein, Vielleicht?“

2 thoughts on “Kopf oder Bauch?

  1. Reply Mme Lila Dez 14,2007

    Oh :-) .
    Danke !

  2. Reply Menachem Dez 15,2007

    Prima Stoff – so richtig was zum reinziehen. Danke.

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